Hektik nach der PISA-Studie
oder
Die Schieflage deutscher Bildungspolitik

Michael Breddin

Jetzt wissen wir's. Die einen haben es schon immer gewusst, die anderen wussten schon immer, dass es mit unserem Wissen hapert, die dritten, die direkt betroffenen Lehrer und Schüler, wissen nun, an wem es liegt. Der Grundtenor ist eindeutig: Die Lehrer haben sich nicht fortgebildet, unterrichten nicht innovativ, geschweige denn motivierend, sind nicht in der Lage dem allgemeinen Oberflächlichkeits- und Spaßtrend die Stirn zu bieten und Lernen als das darzustellen, was es wirklich ist, nämlich Arbeit, Selbstdisziplin und Zielstrebigkeit.
     All diese, allen voran Politiker aller Couleur, hätten aber bei einem Teil der PISA-Studie, dort nämlich wo es um wirkliches Textverständnis geht, ebenfalls versagt. 
    In der offiziellen Auswertung der PISA-Studie heißt es u.a.:
"Die Ergebnisse zeigen, dass eine Reihe von Faktoren wie die schulischen Ressourcen, schulstrukturelle und -politische Maßnahmen sowie die Qualität des Unterrichts die Schülerleistungen in den OECD Staaten beeinflussen."
      So einfach scheint es also doch nicht zu sein, den verantwortlichen Sündenbock zu finden, denn für schulische Ressourcen, schulstrukturelle und -politische Maßnahmen sind andere verantwortlich. Nämlich die Bildungs- und Finanzpolitiker, die Gemeinderäte und Finanzkämmerer der Kommunen, die den Rahmen abstecken, in dem guter Unterricht stattfinden kann.
      Liest man etwas weiter, findet man Aussagen, die direkt in das Herz deutscher Bildungs- und Finanzpolitik treffen:
      "Drei Aspekte der Schulpolitik und -praxis wirken sich im OECD-Durchschnitt in statistisch signifikanter Weise auf die Schülerleistungen in den drei Testbereichen aus": 
- "Die Einschätzungen der Schulleitungen in Bezug auf das Schulklima" 
- "die Stimmung und Arbeitshaltung der Lehrkräfte"
- "sowie die Autonomie der Schule z.B. bei der Auswahl der Lehrkräfte oder der Budgetgestaltung."
      Dazu kommen als weitere Aspekte die Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler hinzu:
- "bezüglich des Schüler-Lehrer-Verhältnisses, insbesondere die Unterstützung durch die Lehrkräfte" 
- der Schuldisziplin 
- ein auf Leistung ausgerichtetes Klima im Unterricht.
      Erst wenn man alle Aspekte sieht und erst nachdem ihre Relevanz für das länderspezifische Resümee analysiert wurde, kann man eine zielgerichtete Ursachenbeseitigung angehen. 
      Fördermaßnahmen für lernschwache Kinder und Jugendliche sind gut, wenn Politik und Gesellschaft bereit sind, diese zu finanzieren. Dasselbe gilt für für die Lehrerfortbildung. Nur muss man dann auch das Angebot an den Erfordernissen bereits präventiv ausrichten, genügend Geldmittel zur Verfügung stellen und auch bereit sein neue Wege zu gehen, wie z.B. virtuelle Lehrerakademien. Aber auch Lehrbuchverlage müssen umdenken. Weg vom Lernen in "bits and pieces" hin zu einer stringent aufgebauten Wissensgrundlage, ohne die jegliche Interaktion, jegliches Rollenspiel und alle Kreativität in reinem Spielaktionismus verpuffen muss.

Weitere Links:

http://www.pisa.oecd.org/

http://www.mpib-berlin.mpg.de/PISA/

http://www.bundesregierung.de

http://www.gea.de/d-aktuell/akt0199